Seit 1932 wird auf dem Heideplatz am Stadtrand geflogen.
Am 3. August 1932 weihten Flugenthusiasten und die Väter der Stadt dort einen „Flughafen" ein, den heutigen Segelflugplatz Heinrichsruh. Am 30. März 1990 gründete sich nach Jahren unfreiwilliger
Flugsperre der Verein FSV "Otto Lilienthal" e.V. neu. Er ist auf dem Heideplatz und über der Sängerstadt Finsterwalde zuhause.
Warum der Flugplatz genau an dieser Stelle errichtet wurde, ist heute unbekannt. Vor 1932 gab es auch schon Flugbegeisterte in der Sängerstadt. Paul Beylich, der Flugzeugmechaniker Otto Lilienthals,
entstammt der Stadt, in der man schon 1910 versuchte, in die Lüfte zu gehen. Das Motorflugzeug „HH I" der Herren Aviatiker Holl und Häusler hob zwar nie ab, doch schon 1912 fand auf Gornickis
Sportplätzen, in unmittelbarer Nähe zum heutigen Segelflugplatz, ein Flugtag statt, bei dem die 3.000 Zuschauer unter anderem den Hans-Grade-Schüler Falderbaum stürmisch feierten.
Seit 1929 organisierten sich Finsterwalder Flieger in der Vereinigung „Sturmvogel" e.V. - die Ausbildung zum Segelflug konnte dabei aber vorerst nur an Modellen stattfinden. 1931 wurde den
Finsterwaldern der selbst gebaute Segler „Zögling" vorgestellt; für den Kauf eines eigenen Flugzeugs hatte das Geld nicht gereicht. 1930 schließlich entstand der „Fliegerbund Finsterwalde N-L." im
Deutschen Luftfahrt-Bund. Er besaß nur ein Jungfliegerheim in der Stadt. Es ist also wenig verwunderlich, dass die Suche nach einem eigenen Flugplatz immer dringlicher wurde.
Mühevoll war dabei die Vorbereitung des Heidegeländes. So manch' Heidestrunk musste ausgerissen werden. Die Finsterwalder Stadtväter unterstützten den Ausbau. Sie
wollten ihren Ort gerne an den Zivilflugverkehr Deutschlands anschließen. So erstaunt es nicht, dass die gerodete und planierte Heide bei der Einweihung liebevoll „Flughafen" tituliert wurde.
Der zivile Flugsport wurde nach 1933 allerdings recht schnell in die großdeutschen Rüstungsbestrebungen einverleibt, und so wurden die jungen Flieger denn auch in Finsterwalde auf ihre spätere
Karriere in der Luftwaffe vorbereitet, die oft genug mit dem Tod endete. Der Flugplatz selbst überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt, abgesehen von einigen Bombentreffern in den letzten
Kriegstagen, die die Flugzeughalle zerstörten. Allerdings verhinderten die alliierten Beschlüsse nach 1945 vorerst den Flugbetrieb. Als er 1950 wieder möglich wurde, waren auch die Finsterwalder, die
sich inzwischen mit dem Modellbau beholfen hatten, zur Stelle: Roland Leonhardt, Dieter Jensch, Heinz Pelikan, Uwe Reichelt und andere besorgten sich eine alte Reichsarbeitsdienstbaracke aus Dahme,
die zur Flugzeughalle umfunktioniert wurde. Unterkunft fanden die Flieger, wenn sie nicht unter ihren Flugzeugen schliefen, bei den Wirtsleuten Hülle im „Waldfrieden". Aus Gotha, Bad Schmiedeberg und
Lommatzsch kamen die ersten Nachkriegssegelflugzeuge. Von den sowjetischen Besatzungstruppen gab es den legendären Doppeldecker Po2 als Schleppflugzeug, und damit konnte der Traum vom Fliegen endlich
wieder verwirklicht werden. Noch vorhanden waren die alten Maybach-Schleppwinden, die jedoch nach und nach durch neue, bei Horch/Zwickau oder in der Tschechoslowakei gebaute ersetzt wurden. Diese
Geräte tun noch heute, liebevoll gepflegt, ihren Dienst. Recht bald machten sich die Finsterwalder Leistungssegelflieger einen Namen.
Unter ihnen Rudi Hirschfelder, der zu Beginn der 60er Jahre als einer der ersten in der damaligen DDR die drei Diamanten zum goldenen Segelfliegerleistungsabzeichen
holte. Die Flugwelt schien wieder in Ordnung, bis 1961 mit dem Bau der Mauer der Flugsport plötzlich zu einer genau kontrollierten Sache wurde. Viele Finsterwalder Flieger gaben auf, und die
„Vorschrift zur Durchsetzung von Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von unberechtigter Benutzung von Ausbildungstechnik im Bereich fliegerische Ausbildung
der GST", erlassen vom Zentralvorstand der Gesellschaft für Sport und Technik und heute im Archiv des Flugplatzes verstaut, berichtet darüber, unter welch' schwierigen Bedingungen die wenigen
verbliebenen Flieger ihrer Leidenschaft nachgehen durften. Unter anderem musste das Gelände abends von „befugten Personen" verplombt werden, um ja die Flucht mit dem Flugzeug gen Westen zu
verhindern.
1979 kam das Aus: Die Schließung des Finsterwalder Platzes wurde von militärischer Seite verfügt. Dies ließ endgültig nur noch eine Hand voll Flieger in Finsterwalde zurück, die einfach nicht an das
Ende ihres Platzes glauben wollten. Zum Fliegen fuhren sie auf andere Plätze, doch ihr Reich hielten sie dennoch, soweit möglich, von wuchernden Kiefernbäumen und Müllbergen frei. Schon fast
heimlich, damit niemand über die Sinnlosigkeit ihres Tuns lachte, rodeten sie Heidestrünke und pflegten die Flugzeughalle. Kurz vor der endgültigen Vertreibung kam die rettende Idee: Die
verbotenerweise gesammelte historische Flugtechnik sollte Gegenstand eines Museums werden. Das öffnete 1987 seine Türen und fand großen Zuspruch bis die Wende des Jahres 1989 auch hier wieder alles
durcheinander schüttelte. Vor die Wahl gestellt, in ihrer Halle wieder aktive Flugzeuge oder ein Museum unterzubringen, entschieden sich die Flieger natürlich für das Fliegen. Welche Gedanken so
manchen gestandenen Finsterwalder Flieger beim Neustart vom eigenen Platz bewegt haben, muss sicher nicht beschrieben werden: Seit 1990 wird in der Sängerstadt unter dem Dach der Flugsportvereinigung
„Otto Lilienthal" wieder aktiv und mit großer Freude geflogen. Die Flieger gehen dort nicht nur ihrem Hobby nach, sondern sorgen auch dafür, dass das Heidebiotop erhalten wird. Der Verein ist
deswegen bereits mehrfach mit der Blauen Flagge der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung ausgezeichnet worden. Das flughistorische Erbe wird, auch wenn die Museumspläne derzeit beiseitegelegt
sind, noch immer liebevoll gepflegt: Unter anderem mit Starts des rekonstruierten Schulgleiters SG38, der zu den beliebten Flugplatzfesten regelmäßig abhebt. Zur alten Halle hat sich inzwischen auch
eine neue Flugzeughalle gesellt, die den Platzmangel des Vereins erheblich mindert.
Flugenthusiasten, ob jung oder alt, sind jederzeit willkommen sich am Vereinsleben zu beteiligen. So mancher wird dabei feststellen, dass der angeblich so elitäre Flugsport ein erschwingliches Freizeitvergnügen ist. Zur Nachwuchsförderung sind zudem für junge Flieger Sonderkonditionen eingerichtet worden. Der Flugsport wird weiterhin eine Heimat auf dem Heideplatz am Rande der Stadt haben.